gnadenlos schrieb:Es ist erschreckend, wie Politiker und Bürger in den USA agieren. Man könnte meinen, es handelt sich um ein Entwicklungsland. Sie kennen alle nur ihre Rechte, aber keinerlei Pflichten. Da waren selbst die Steinzeitmenschen deutlich intelligenter.
Bei allem Gemecker über unsere Politik und was die in Normalzeiten so grusilig verzapft, bin ich in Sachen Notfallmanagement doch sehr zufrieden. Unsere Politiker und ihre Mitarbeiter in Bund und Ländern rödeln Tag und Nacht, um das Dickschiff Deutschland durch die gewaltigen Monsterwellen zu manöverieren. Parteipolitik steht weitestgehend hinten an. Sicher werden in dieser Ausnahmesituation auch Fehlentscheidungen getroffen. Über diese, aber auch über die Versäumnisse vor Corona, wird später zu sprechen sein. Über die Zeit danach sowieso.
Ebenso positiv überrascht bin ich über unsere Gesellschaft. Die Einschnitte im täglichen Leben sind enorm bis unglaublich heftig. Mahnend erhobene Zeigefinger aller Couleur werden wahrgenommen und dennoch ziehen alle an einem Strang. Das empfinde ich als gelebte Demokratie und lässt mich hoffen, dass unsere Politik und Gesellschaft nicht so verwahrlost ist, wie die überm großen Teich.
Sehe ich ganz genauso , bei aller Kritik hat sich insbesondere die deutsche Demokratie in dieser Krise als handlungsfähig und gefestigt erwiesen , vergleichbar und für mich nicht weiter verwunderlich , nur mit den nordischen Demokratien in Norwegen , Island , Dänemark und Finnland , hingegen man in Schweden bemerken musste , dass man dort mit seinem Gesellschaftsmodell der totalen Offenheit an seine Grenzen gestoßen ist .
Diese Dinge kann man problemlos insbesondere am Verhältnis von Infektionsfällen und der daraus resultierenden Anzahl von Todesfällen nachvollziehen , die genannten skandinavischen Länder weisen eine ähnlich niedrige Todesrate auf , die Gesundheitssysteme haben gehalten , die Versorgung war im Vergleich zu anderen Länder erstklassig .
Ganz anders in den restlichen Staaten Europas , von Großbritanien über Frankreich und Spanien bis hin nach Italien , wo sich teilweise Erosionserscheinungen in Form von sehr starken, radikalen populistischen Parteien oder Einzelpersonen gezeigt haben , welche außer mit ner großen Klappe nur noch mit Inkompetenz geglänzt haben . Sei es ein Boris Johnston in England oder eine Lega Nord in Italien . Selbst Frankreichs Demokratie scheint unter den jahrelangen Machtkämpfen und Einflussnahmen der radikalen Rechten LePenn und Konsorten gelitten zu haben aber auch allzu radikaler Kapitalismus , Schrumpfung der Soazialstaaten und Privatisierung der medizinischen Versorgung haben ihren Teil beigetragen .
Man sollte sich dazu in Deutschland aber nicht zu sehr auf die Schulter klopfen , wer weiß wie die Lage 10 Jahre später ausgesehen hätte , wenn die durchgezogene Privatisierung im medizinischen Bereich auch Deutschland voll durchdrungen hätte .
Wie du schriebst GN , bedarf es einer gründlichen Aufarbeitung "danach" in vielerlei Hinsicht , von eben der angestrbten medizinischen Vollprivatisierung bis hin zum Föderalismus unserer Republik.
Zum Glück ist das in unserem Land jammern auf vergleichsweise hohem Niveau , trotzdem hat die Krise teilweise nach meiner Ansicht gezeigt , dass der Föderalismus der Bundesländer und deren Länderkompetenzen in solchen Situationen wie jetzt einfach zu weit gesteckt ist .
Die derzeit schwindende Akzeptanz gegenüber den getroffenen Maßnahmen ergibt sich nach meiner Ansicht in der Hauptsache durch Ungleichheiten in den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer .
Frau Merkel hat es dagegen als Kanzlerin im richtigen Moment geschafft , die Menschen zusammen zu führen zur Einsicht an einem Strang ziehen müssen , um das hier vernünftig zu überstehen .
Die einzig kontraproduktiven Handlungen kamen dagegen von einzelnen Landesfürsten , die sich entweder verweigerten oder die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen meinten noch weiter verschärfen zu müssen , sowas sollte zukünftig vermieden werden , aber wie gesagt , jammern auf vergleichsweise hohem Niveau ist das .
Diese ganze Nummer hat insgesamt bisher gezeigt , dass in Deutschland zu leben auch ein Privileg sein kann .