Ich glaube, die Thematik ist etwas vielfältiger, als dass man sie auf solche Beispiele reduzieren könnte, die sich zudem in keiner Weise mit deutschen Städten vergleichen lassen. Wo wir aber schon dabei sind: In Paris, London, New York ist doch ganz genau das passiert, was ich bereits anmerkte. Die Ghettoisierung und Teilung der Gesellschaft. Schau dir alleine mal London mit offenen Augen an. Die Hälfte gehört eingestampft, weil der einen Hälfte davon jegliche vernünftige Infrastruktur fehlt und in der anderen Hälfte gewohnt wird, wie hier die Ratten auf der Mülldeponie nicht hausen möchten. In Paris (und in anderen französischen Metropolen) ist die Kacke am dampfen. Von den sogenannten "Gelbwesten-Protesten" kriegen wir hier nur einen Bruchteil mit. Die Zustände in diesen Städten sind für uns definitiv nicht erstrebenswert, auch wenn sie noch so interessant für Touristen sind.
Natürlich gab es schon immer Ortschaften, Vororte, Wohngebiete und Villenviertel für den betuchteren Teil der Gesellschaft. Dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden (und hierzu darf es auch kein Gejammer geben). Es ist keineswegs zu fordern, dass die Öffentliche Hand Luxuswohnungen baut, damit jeder Hansel für ‘nen Appel und ‘nen Ei in Saus und Braus leben kann. Wenn jedoch der Durchschnittsverdiener in ganz normalen Wohngegenden weit mehr als die Hälfte seines Haushaltseinkommens und überdurchschnittlich viel allein fürs Wohnen aufbringen muss, wird die Schieflage offenbar. Nicht von ungefähr verkommen immer mehr Stadtteile und ganze Städte zu Single-Hochburgen (wie z.B. "Minga"). Auch das kann keinesfalls für unsere Zukunft erstrebenswert sein.
Sozialer bzw. gemeinnütziger Wohnungsbau ist in den Kommunen in dem Maße durchzuführen, wie er erforderlich ist. Letztlich betrifft das einen Teil der Gesellschaft, den es schon immer gab und den es immer geben wird. Der Unterschied zu früher ist der, dass die Kommunen ihr "Tafelsilber" hirnfrei verscherbelt haben und nunmehr sozial Bedürftige, mangels anderer Möglichkeiten, für teuerstes Geld in Wohnungen privater Investoren unterbringen müssen - die damit Wohnraum für Normalverdiener blockieren.
Es ist nicht die Aufgabe der Kommunen, Wohnungen und Bauland zu versilbern, um den privaten Investoren nachher auch noch sichere Mieteinnahmen zu bescheren. Eine der grundlegenden Aufgaben der Öffentlichen Hand ist es, für erschwinglichen Wohnraum zu sorgen. Das geht beispielsweise mit der Ausweisung von Baugebieten für junge Familien im Direktverkauf und eben mit dem gemeinnützigen Wohnungsbau (ob mit oder ohne privatem Investor) sowie mit Sozialbauten. Leider funktioniert das in letzter Zeit offenbar nicht mehr in ausreichendem Umfang.
Nebenbei bemerkt, halte ich es auch für nicht erstrebenswert, dass immer mehr Leute aus der Stadt und ihrem Speckgürtel wegziehen müssen, um dann täglich stundenlang ein- und auspendeln zu dürfen. Das ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Für mich persönlich bedeutet jede Pendelstunde einen erheblichen Verlust an Lebensqualität - weshalb ich nur ganze fünf Minuten Pendele
Wir alle wollen doch ein Mindestmaß an Lebensqualität. Wie soll das alles funktionieren, mit jungen Familien, Kindern, Bildung etc., wenn wir schon an so schnöden Aufgaben wie einfachem Wohnraum als Existenzgrundlage scheitern?