Abriter schrieb:Auch wenn in deiner Auslegung ein Stück Wahrheit steckt, so glaube ich, dass es so einfach nicht ist. Autokraten sind ja nicht doof. Wir haben es doch in direkter Nachbarschaft erlebt: Am Anfang stehen die Nettigkeiten und der Glaube an das Gute. Da ausnahmslos jedem Menschen das eigene Hemd am nächsten ist (und Menschen gerne gutgläubige Gewohnheitstiere sind), werden nach und nach auch Unnettigkeiten akzeptiert, solange sie der vorgegaukelten Gemeinschaft dienlich sind und einem selbst keine schrecklichen Nachteile bringen. Und wer sich in solchen Systemen mit Vorteilen locken lässt, ist mittendrin statt nur dabei. Abweichler werden gnadenlos ausgebremst, verfolgt und mehr. Es gibt ja kein freies Gegengewicht mehr. Für einen erfolgreichen Widerstand ist es zu spät. So funktioniert jede Diktatur.
Ich denke auch diese Erklärung greift zu kurz , weil sie nur auf zweifelhafte Grundeigenschaften aller Menschen abzielt . Dabei wird aber die gesellschaftliche und religiöse Konditionierung außer acht gelassen , die teilweise über Jahrtausende abgelaufen ist . Schaut man sich das geografisch an fällt auf , dass es von Westen und Norden nach Osten und Süden hin eine stark ansteigende Tendenz zu Diktaturen gibt , was nach meiner Ansicht gesellschaftlich und religiös geprägt ist .
Im Westen und Norden stieg im Laufe der Geschichte die Wertschätzung des einzelnen Menschen stark an , der Begriff persönlicher Freiheit und der allgemeinen Grundrechte der Menschen wurde eben auch durch blutige Kriege erkämpft .
Je weiter man dagegen nach Osten oder Süden kommt , je mehr sind die Gesellschaften von Stammestraditionen und Religionen geprägt , die den Wert des Einzelnen mehr oder weniger negieren und die "Gemeinschaft" als obersten Wert über das Individuum stellen .
Schaut man sich die Lehren des Buddhismus oder Konfuzius an , verwundert es wenig , wie leicht der Kommunismus in dieser Gegend Fuß fassen könnte . Gerade in China taten mehrere tausend Jahre Monarchie ihr übriges um den Menschen einen grundsätzlichen Fatalismus einzuimpfen .
Genau diese Geisteshaltung , in der ein einzelner Mensch keinen großartigen Wert darstellt, begründet nach meiner Ansicht den Unwillen der Menschen sich demokratischen Strukturen zuzuwenden .
Deswegen möchte ich , wenn ich von einem unterschiedlichen Stand menschlicher Entwicklung schreibe auch keinesfalls so verstanden werden , dass ich diese Menschen als minderwertig oder einfach dumm betrachte .
Die gesellschaftliche und religiöse Entwicklung war und ist nach Osten und Süden einfach eine vollkommen andere .
Selbst Japan , was als Verlierer des WK.II eine ähnliche Entwicklung wie Deutschland nahm , ist bei weitem nicht so der Demokratie verwurzelt , wie wir es heute sind . Gleichwohl kann man Japan letztendlich als das einzige Beispiel anführen, wo die westlichen Werte wirklich Fuß fassen .